Dieses Jahr vermehre ich mein Saatgut über meinen eigenen Bedarf hinaus, da ich über den Hamburger Verein “Machbar e.V. gestolpert bin und mich die Idee eines Saatgutverteilers nicht mehr losgelassen hat. Jeder der möchte, kann sich bei einem Saatgutverteiler samenfestes Saatgut abholen, sofern zu diesem Zeitpunkt noch welches da ist. Dabei ist die Idee, dass die/derjenige im nächsten Jahr dann selbst geerntetes Saatgut zurückgeben oder es selber anbieten soll.
Dabei geht es darum, altes Saatgut zu erhalten. Mittlerweile besteht das Gemüse im Handel zu 90 % aus F1-Hybriden. Gemüse aus F1-Hybriden ist als Gemüse nicht kennzeichnungspflichtig. Somit kann ein Verbraucher nicht sofort erkennen, welche Qualität er kauft. Die Kenneichnungspflicht hört auf den Samentüten auf, wo ein Hinwis auf “F1” steht. Aus den sogenannten F1 bzw. Hybridpflanzen kann in der Regel nicht wieder neues und gutes Saatgut gezogen werden. Das funktioniert nur mit samenfestem Saatgut. Daher müssen dann die Bauern zur Freude der Unternehmen jedes Jahr neues Saatgut incl. Dünger, Pestizide & Co. kaufen. So sind in den letzten 30 Jahren 75 % der landwirtschaftlichen Vielfalt verloren gegangen. F1-Pflanzen sind nicht fortpflanzungsfähig und stammen häufig aus einer Inzuchtlinie. Unsere Sortenvielfalt kann nur erhalten bleiben, wenn wir weiterhin eine große Auswahl haben. Sortenvielfalt stärkt die Abwehrkräfte der Natur und senkt damit den Pestizideinsatz. Außerdem sind samenfeste Sorten viel robuster und widerstandsfähiger als Hybridpflanzen, was in Zeiten des Klimawandels besonders wichtig ist. Samenfeste Sorten passen sich den Bedingungen im eigenen Garten an, wenn man die Samen selber erntet.
Deswegen möchte ich hier beschreiben, wie man Tomaten einfach selbst vermehrt:
Die Tomate wird halbiert und die Kerne werden mit einem kleinen Löffel entnommen und in kleines Sieb (ich nehme dafür ein Teesieb) gegeben. Ich spüle die Tomatenkerne unter laufendem Wasser ab, damit sich hier schon das Fruchtfleisch löst. Ich gebe dann die Tomatensamen in ein Glas mit lauwarmen Wasser und füge eine Prise Zucker hinzu und lasse es 1-2 Tage so stehen. Es geht darum, dass sich die gallertartige Masse um die Kerne herum auflöst, da diese keimhemmende Stoffe enthält. Ich spüle die Kerne nach 1-2 Tagen dann wieder in meinem Teesieb unter fließendem Wasser ab und lege die Kerne vorsichtig auf ein Holzbrettchen. ich habe es auch schon mit einem Kaffeefilter versucht, aber hier kleben die Kerne gerne fest. Auf dem Holzbrettchen trocknen die Kerne in 1-2 Tagen. Und danach kann ich die Kerne ganz einfach von dem Brettchen in einen Briefumschlag abstreifen und habe nun wunderbares samenfestes Saatgut für das nächste Jahr. Auf dem Foto sind Samen von der Sorte “Roter Heinz” zu sehen, mit der ich sehr gute Erfahrungen im Garten gemacht habe. Es ist eine widerstandsfähige Sorte, die keinen Abdeckungsschutz von oben benötigt und einfach lecker ist.
Ich wünsche viel Spass beim Nachmachen.
Meinen Saatgutverteiler werde ich in Kooperation mit “Machbar e.V.” übrigens nächstes Jahr im Januar 2021 aufstellen.